Etappe Paris by Will Berthold

Etappe Paris by Will Berthold

Autor:Will Berthold [Berthold, Will]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2017-12-02T00:00:00+00:00


Schwenkenbach kann sich in der nächsten Sekunde nicht mehr beherrschen. Der Adjutant ist ihm egal. Der Respekt ist ihm egal, die Form auch. Die deutsche Luftwaffe ist ihm egal, und der Krieg ebenfalls.

Er keucht. Er steht dicht vor dem Major. Seine Augen glimmen auf.

'Verstehen Sie, Herr Major: Weil ein Schwein hier seine lumpigen Geschäfte macht, deshalb ist Koch tot. Für Führer, Volk und Vaterland … Auf dem Felde der Ehre … eingewickelt in Damenwäsche … für Linksgewebte ist er gefallen.'

'Heil Hitler', sagt der Major ganz ruhig. Um seine Lippen spielt ein Lächeln, das nichts weniger als heiter ist. Er sieht auf einmal angestrengt aus. Der Ekel gerinnt in seinen Gesichtsfalten.

Dann wird er dienstlich.

'Also los', sagt Major Knüller. 'Beweise?'

'Draußen', schluckt Hauptmann Schwenkenbach. 'Auf dem Wagen steht eine der Kisten, die nicht verbrannten. Koch liegt dabei.'

Der Major schüttelt ganz langsam den Kopf.

'Phantastisch, Schwenkenbach, phantastisch.'

Bert klopft sich eine Zigarette zurecht. Irgendwo ärgert er sich. Er ist kein Schöngeist. Er weiß nicht, was es phantastisch zu finden gibt. Denn er ahnt nicht, daß sich Major Knüller Mitte Juli 1944 in Paris in ganz anderen Räumen bewegen wird; in denen selbst eine Schieberaffäre in Facklers Maßstäben ganz und gar unwesentlich wird. Er weiß nicht, daß Major Knüller auf ein ganz anderes Schachbrett gestellt ist, und daß er längst nicht mehr daran denkt, wie man einzelne Flämmchen dieser Zeit löscht, sondern wie man den ganzen Brand austritt.

Major Knüller fährt sich mit der Hand über die Stirn.

'Ich habe Fackler eigentlich für klüger gehalten', sagt er beiläufig. Er nickt Hauptmann Schwenkenbach zerstreut zu.

'Gut', sagt er dann widerwillig. 'Ich bringe das in Ordnung. Zum Tatbericht wird der General Sie brauchen, aber geben Sie mir ein paar Tage Zeit. Ich habe gerade so unendlich viel im Kopf – schweigen Sie am besten ganz über die Sache.'

'Jawohl, Herr Major', versetzt Schwenkenbach unbefriedigt. Er hatte einen Ausbruch erwartet, einen Sturm, der die Dunggrube ausmistet, eine Explosion, die den Oberfeldintendanten in das nächste Wehrmachtsgefängnis fegt. Und jetzt wird er mit Floskeln abgespeist!

Als würde Knüller seine Gedanken erraten, hält er ihm noch einmal mit einem traurigen Lächeln das Glas entgegen.

'Eine Riesenschweinerei, Schwenkenbach', sagt er versöhnlich, 'sicher eine Riesensauerei – aber es gibt noch größere Sauereien.'

Seine Augen sinken tief nach innen.

'Warten Sie noch ein paar Wochen, dann platzt …'

Er hustet.

Hauptmann Sehwenkenbach weiß nicht, was platzen wird. Vor allen Dingen ahnt er nicht, was mit ihm selbst geschieht.

Aber das weiß auch Major Knüller nicht.



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